Warum Wasserstoff für Autos der falsche Weg ist

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Ui, ein Podcast von den Kollegen von Heise hat zu einer Vielzahl an Fragen geführt. Deshalb hier für alle, möchte ich kurz erläutern, weshalb aus meiner Sicht Wasserstofffahrzeuge keine Chance haben. Ich werde die Erklärung wie üblich so einfach als möglich halten. Tiefergehende Diskussionen gerne in den Kommentaren.

Zunächst einmal ist Wasserstoff ein wirklich guter Energieträger, der in Zukunft eine große Rolle spielen wird. Aber nicht im Individualverkehr. Bei einem Wasserstoff-Fahrzeug wird Wasserstoff mittels einer Brennstoffzelle in Energie umgewandelt. Diese Energie wird dann zum Antrieb genutzt. Ein Wasserstoff-Fahrzeug mit Brennstoffzelle ist eigentlich ein Elektroauto, das die Energie selber erzeugt.

Das Problem von Wasserstoff Fahrzeugen auf einen Nenner gebracht. Es ist zu teuer. Die Fahrzeuge als auch die benötigte Infrastruktur. Und es ist energiepolitischer Unsinn.

Ein Wasserstoff-Fahrzeug benötigt genauso wie ein Elektrofahrzeug einen Akku. In diesem Akku wird die von der Brennstoffzelle erzeugte Energie der Strom gespeichert. Die Brennstoffzelle wird benötigt, um aus dem Wasserstoff, der im Tank des Fahrzeugs lagert, Energie herzustellen.

Eine Brennstoffzelle ist sehr träge. Das bedeutet, vom Druck auf das Gaspedal bis zur Beschleunigung des Fahrzeuges würden mehrere Sekunden vergehen. Deshalb wird ein Akku benötigt, um die Energie sofort abzurufen.

Wasserstoff-Moleküle sind sehr klein. Sie können jegliches Material durchdringen. Wasserstoff in einem Stahltank gelagert würde dafür sorgen, dass der Stahl nach kurzer Zeit spröde wird und reißt. Bedeutet, die Tanks dieser Wasserstofffahrzeuge müssen aus einem Verbund-Material hergestellt werden. Sie müssen von innen speziell beschichtet sein, damit der Wasserstoff das Material nicht durchdringt.

Die Wasserstofftanks in Fahrzeugen sind ungefähr 5 Liter groß. Mit diesen 5 Litern kommt ein Wasserstoff Fahrzeug 400 bis 500 km weit. Das ist eine sehr überzeugende Reichweite für so eine geringe Menge.

Die Tanks können aber nicht viel größer gebaut werden. Sie müssen unglaublich stabil und aufwendig konstruiert werden. Denn Wasserstoff muss mit 700 bar Druck befüllt werden.

Das führt zu einem weiteren sehr großen Problem. Was für die Tanks der Fahrzeuge gilt, gilt selbstverständlich auch für die derzeit vorhandenen Pipelines. Wasserstoff kann nicht durch diese Pipelines transportiert werden. Denn all das, was für die Tanks gilt, würde auch für die Pipelines gelten. Verbundmaterial, spezielle Beschichtung und stabil genug, um 700 Bar Druck auszuhalten. Das heißt, Wasserstoff müsste mit Tankwagen zu den Tankstellen gebracht werden. Das ist möglich, aber ebenfalls recht kompliziert. Die Tankfahrzeuge müssen ebenfalls 700 Bar Druck standhalten. Es müssten also komplett neue Fahrzeugflotten, Lkws gebaut werden, die den Wasserstoff transportieren. Da müsste man in die CO2-Bewertung mit einfließen lassen.

Zum Glück gibt es eine Lösung und die wird heute praktiziert. Es ist möglich, Wasserstoff in flüssiger Form zu liefern. Ähnlich wie das Gas in einem Feuerzeug. Aber das ist bei Wasserstoff sehr aufwendig. Wir benötigen eine Temperatur von -252 Grad.
Wenn wir uns mal vorstellen, wie viel Energie ein Kühlschrank benötigt, um unser Salat auf 8 Grad zu kühlen, können wir uns vorstellen, wie viel Energie wir benötigen würden.

Auch hier gestaltet sich der Transport als schwierig. Wie soll eine 100 km lange Pipeline unter der Erde auf -252 Grad abkühlt werden, damit der Wasserstoff sich nicht verflüchtigt. Es ist nicht möglich. Also benötigen wir auch hier Tankwagen. Auch diese müssen auf -252 Grad gekühlt werden. Das bedeutet, die Tankwagen sind so stark isoliert, dass ein Großteil des Volumens des Tankwagens für die Isolierung drauf geht.

Wenn man diese Probleme erst einmal gelöst hat, man mit seinem Wasserstoff-Auto zur Tankstelle gefahren ist, sollte eigentlich alles problemlos funktionieren. Der Tankvorgang von Wasserstoff geschieht sehr schnell. Er ist vergleichbar mit dem tanken von Benzin. Der Nachteil, den wir vom reinen Elektroauto kennen, 30 bis 60 Minuten warten, bis der Akku aufgeladen ist, tritt beim Wasserstoff-Fahrzeug nicht auf.

Aber wir haben ein weiteres Problem. Da der Wasserstoff sehr kalt ist, verreisen die Zapfhähne. Auch müssen die Druckunterschiede ausgeglichen werden. Derzeit ist es nicht möglich, mehr als sechs Autos pro Stunde an einer Wasserstofftankstelle zu tanken. Da diese Zapfsäulen erst wieder enteisen und neuen Druck aufbauen müssen. So eine Zapfsäule kostet derzeit noch 1.000.000 Euro in der Installation. Aber das sind technische Probleme, die man in Zukunft lösen können wird.

Wir sind in der Lage, technische Probleme durchaus lösen zu können. Bei Wasserstoff sind es physikalische Probleme. Und die löst man nicht so einfach. Solange diese Herausforderungen nicht überwunden sind, ist ein Wasserstoff Fahrzeug als Personenkraftfahrzeug unrentabel. Ein einfaches Beispiel ist der Wirkungsgrad. Bei einem reinen Elektroauto werden 75 % der verwendeten Energie für den Vortrieb benutzt. Bei einem Wasserstofffahrzeug sind das nur 25 % bis 30 %.

Merksatz: 1 Kilometer Fahrt in einem Wasserstoff Fahrzeug kostet dreimal so viel Energie wie 1km Fahrt in einem reinen Elektrofahrzeug.

Um das kurz anzusprechen, es wird heute auch sehr viel über die sogenannte E-Fuels gesprochen. E-Fuel ist (eine Art) Benzin, welches aus Wasserstoff gewonnen wird. Diese e-fuels kann man in herkömmlichen Verbrennungsmotoren einsetzen. Vergesst das gleich wieder. Hier liegt der Wirkungsgrad bei unter 13%. Da kann man direkt Diesel tanken.

Wirkungsgrad Energieträger
Reines Elektroauto: 75%
Wasserstofffahrzeug: 25%-30%
e-Fuel: -13%

Wer oder was nun Wasserstoff nutzen sollte, kann man sehr einfach ablesen.

© Gregor Hagedorn, Wolf-Peter Schill & Martin Kittel, based on Michael Liebreich/Liebreich Associates, Clean Hydrogen Ladder, Version 4.1, 2021. Concept credit: Adrian Hiel, Energy Cities. CC-BY 4.0
© Gregor Hagedorn, Wolf-Peter Schill & Martin Kittel, based on Michael Liebreich/Liebreich Associates, Clean Hydrogen Ladder, Version 4.1, 2021. Concept credit: Adrian Hiel, Energy Cities. CC-BY 4.0

Selbstverständlich geht auch bei Wasserstoff die Forschung weiter. Der Wirkungsgrad der Brennstoffzelle wird immer besser, bedeutet das Ansprechverhalten, und so kann man nach und nach die Akkugröße in den Wasserstoff Fahrzeugen reduzieren.

Die physikalischen Probleme und die damit verbundenen Kosten im Bereich der Infrastruktur werden sich auch in Zukunft nicht großartig ändern. Das wissen die Automobilhersteller. An Wasserstoff wird seit Jahrzehnten geforscht. Das größte Problem der Brennstoffzelle ist aber tatsächlich der Akku in reinen Elektroautos. Diese werden immer besser. Sie werden immer günstiger. Es werden immer weniger Seltene-Erden benötigt.

Wir sind heute im August 2021 schon an einem Punkt, wo man mit 5 Minuten Ladezeit einen neuen Fiat 500 Elektro mit 50 KM Reichweite betanken kann.5 Minuten laden und der Weg zur Arbeit und zurück ist drin. Das ist der größte Feind der Wasserstofftechnologie. Denn bei der reinen Elektrotechnologie benötigen wir technische Fortschritt und keinen physikalischen.

Zum Abschluss, Wasserstofftechnik wird sich hoffentlich durchsetzen. Aber nicht im Personenkraftverkehr. Wasserstofftechnik kann dort eingesetzt werden, wo ein gleichbleibend hoher Energiebedarf benötigt wird. Z. b. in Stahlwerken, in der Schwerindustrie, in der Schifffahrt, wo sich Wasserstofftechnologie bei großen Containerschiffen durchaus lohnen kann.

Ein weiterer Einsatzort für die Brennstoffzelle. In Privathaushalten. Warum soll nicht jeder ein kleines Wasserstoff-Kraftwerk zu Hause haben. Dort benötige ich keine Energie-Spitzen. Aber mein Rechner, mein Handy, mein Kühlschrank, mein Telefon, mein Fernseher, meine Lampen und so weiter kann durchaus mit Wasserstoff-Energie betrieben werden. In Japan wird dieses seit Jahren vom Staat gefördert. Dort gibt es Kaufprämien, wenn man sich eine Brennstoffzelle für sein zu Hause kauft.

Das ist der richtige Weg für diese Technik. Aber nicht der Individualverkehr.

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